Sonntag, 17. Juni 2012

Graue Eminenzen


Der Außenseiter

Wo immer ich ankomme,
duck‘ ich mich weg.
Ich trete zurück,
fühl‘ mich unwert wie Dreck.
Ich mach mich belanglos,
der Worte nicht wert.
Das geht so schon ewig
und hat sich bewährt.

Sekunden verstreichen,
das Leben zerrinnt.
Kein Mensch mag mich sehen,
man hält mich für blind.
Sie leugnen mich alle,
ich bin kein Gewinn.
Für einen wie mich
macht Gemeinschaft nie Sinn.

Einst sang ich auf Straßen
und lächelte viel.
Dann trieben die Bösen
ihr finsteres Spiel.
Sie lachten mich aus
und man stieß mich zurück.
Wer dieses nicht auch tut,
der findet kein Glück. 

Der Lästige

Wenn du mir sagst, ich störe nicht,
erlausche ich Nuancen.
Ich sehe das als meine Pflicht,
bei all meinen Avancen.

Ein Mensch, der mich nicht weiter schickt,
hat offenbar Probleme.
Drum schau’ ich, ob das Wort nicht trügt,
wenn ich dir Sprechzeit nehme.

Wenn ich an deiner Stelle wär’ –
Ich hielte mich auf Abstand.
Die Welt in mir ist trostlos, leer,
seit ich mich an dein Bein band.

Sei mutig und jag’ mich davon -
ich kleb’ an deinem Schuhe!
Dann bleibt dein Geist vor mir verschont,
dann findest du bald Ruhe. 

Der Schüchterne

Du schaust zu mir, willst mit mir reden.
Ich räuspre mich, voll Scham, verlegen,
Vertraulichkeit mag nicht entstehn‘.
Tief in mir toben stille Fehden,
mir wäre viel am Wort gelegen,
doch schon ist es um mich geschehn‘:

Ich frage mich: Wie mag ich wirken?
Ist mir mein Zögern anzumerken?
Siehst du in mir wohl, was ich bin?
Ich zittre wie das Laub von Birken,
vermag mich nicht mit Mut zu stärken,
mein Reden macht jetzt keinen Sinn.

Dein Wort vermag mich zwar zu fesseln,
doch mein Verlangen scheint vermessen,
schau ich so in dein Traumgesicht.
Mein Selbstwert brennt im Gift von Nesseln,
mein Spiegelbild bleibt unvergessen,
in ihm erlosch mir alles Licht.

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